Minha Galera

Status Quo vadis?

Eine strukturierte Zusammenfassung der letzen zwei Jahre

 

Einleitung

 

Hier möchten wir euch einen Einblick in den Status Quo unseres kollektiven Lebens und Schaffens geben und ein Resumeé der letzten zwei Jahre ziehen.

Die Corona Pandemie hat nicht nur den Erhalt der Gemeinschaftswerkstatt und Kulturflächen der Halle in Hürth (1) zu einer kräftezehrenden Herausforderung gemacht, sondern ebenso dazu geführt, dass wir unseren gemeinschaftlich geführten Laden, die minhafaktur (2), aufgeben mussten. In diesen Zeiten großer Veränderung entstand jedoch auch Platz für neue Projekte, deren Ideen schon lange gereift waren und davon profitieren konnte, dass Gewohntes in Frage gestellt wurde. Am 6. November eröffnet noplace (3) – ein Co-Working Büro, in dem mediale, gestalterische und konzeptionelle Projekte, in einer Foto- und Siebdruckwerkstatt oder auf Arbeitsflächen, ihren Platz finden können.

Diese zwei Komponenten waren bislang Dreh- und Angelpunkte unserer Projekte.

 

(1) Die Halle in der Hasenkaule

 

Der Ort

Die ehemalige LKW-Werkstatt und jetzige Multifunktionsfläche im Hürther Industriegebiet beherbergt eine Gemeinschaftswerkstatt und Freiflächen für kulturelle Veranstaltungen.
Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Hintergründen und Perspektiven kommen hier zusammen, um ihre Ideen umzusetzen. Nicht selten beinhalten diese Ideen gemeinschaftliche und zukunftsorientierte Existenzplanungen.
All diese Vorhaben leben von dem Wissenstransfer unterschiedlicher Menschen, die sich mit ihren Fähigkeiten gegenseitig ergänzen, bereichern und über die praktische Arbeit hinweg zu einem interdisziplinären Diskurs führen.
Diesen Austausch, der Konfliktfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft schult, halten wir in unserer Gesellschaft für unerlässlich.
Gerne würden wir unsere Werkstätten einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, mehr Menschen willkommen heißen und gemeinsam zukunftsfähige Alternativen zu bestehenden Arbeitsstrukturen erproben.

 

Die Geschichte

Pläne, wie der Kauf der Halle und des umliegenden Geländes gemeinsam mit einer Stiftung, mussten an dem, ins bis zu 40m Tiefe kontaminierten Boden scheitern.
Die Politik weist die Verantwortung von sich und die Verursacher:innen des Teeröl-Sees können mehr haftbar gemacht werden. (Vermutlich handelt es sich um eine Teerpappen-Fabrik und ein Lackproduzent, die dort bis in die 1950er Jahre tätig waren). Die Verantwortung für die Sanierung des Bodens liegt also bei den Eigentümer:innen, ebenso wie die Kosten im Millionenbereich und würden im Fall eines Kaufs weitergegeben werden.
Die Aussicht auf ein Containerdorf für Ateliers, Musikstudios, gemeinwohlorientierte Start-Ups, Ausstellungsräume und Kunst- und Kulturflächen werden zerschlagen.

Eine Verlängerung des Mietverhältnis wäre denkbar gewesen, wenn die Auswirkungen der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen nicht große Teile des Kulturlebens lahmgelegt und somit die wertvollsten Austausch- und Finanzierungsmöglichkeiten verhindern hätten. Die finanzielle Belastung in Kombination mit aussichtslosen Verstetigungsplänen führten schließlich zur Entscheidung die Halle bis voraussichtlich Ende Dezember 2021 zu verlassen.

 

(2) Die minhafaktur  war unser kollektiv geführter Laden, in dem die Produkte verkauft wurden, die die Gemeinschaftswerkstätten produzierten. Die Lockdown Phasen haben eine tiefe finanzielle Furche in den sich einst selbst erhaltenden wirtschaftlichen Mechanismen hinterlassen. Die Produktion wurde von dem Kampf um den Erhalt der Werkstätten beeinträchtigt und der Verkauf durch die Lockdown-Phasen minimiert. Dieser Laden musste schließen, doch ein neuer wird sprießen. Pläne für einen neuen Laden gab es schon bevor der alte Laden leer war. Doch: keine Werkstatt, keine Produkte und ohne Produkte kein Laden. First things first.

 

(3) noplace
Neben den handwerklichen Interessen der Mitglieder und Teilhabenden in und um minha galera, begleitet den Prozess seit jeher eine undefinierbare Gruppe Menschen mit medialen, konzeptionellen und research-basierten Interessen. Zusätzlich bereichern IT Kenntnisse und Fotolabor-Nutzer:innen den staubverdrossenen und Lautstärke-empfindlichen Zusammenschluss. Trotz oder gerade wegen der Einschränkungen der Corona-Pandemie bewirkte die augenscheinliche Aussichtslosigkeit ein Um- und Neudenken der Möglichkeiten. Ergebnis ist die Eröffnung des Workspace noplace am 6. November 2021.

Resumée
Nur weil das hier das Resümée ist, ist es noch lange nicht vorbei. Wir suchen einen neuen Ort und dann kommt wieder so ein langer Text. Das wir irgendwann einen Ort finden ist gewiss, denn die Zeit in der löchrigen, ungeheizten Halle im Öl-Sumpf hat höchstens unsere Ansprüche gesenkt, nicht so die Entschlossenheit. Die Bilanz sieht vielversprechend aus, das Konzept aussichtsreich und die Dividende unbezahlbar: Lebensqualität.

 

SUCHANZEIGE: HALLE
Kölner Raum
mind. 250qm
Industrie-/ oder Gewerbegebiet
Kontakt: kontakt@minhagalera.de

 

Es gibt viele Anlässe zur Verzweiflung in dieser Geschichte – die Tatenlosigkeit und mangelnde Unterstützung der Politik gegenüber dem Interesse junger Menschen und alternativer Lebenskonzepte, die ökologische Verantwortungslosigkeit von Unternehmen und die unmoralische Bevorzugung profitorientierter Konzerne gegenüber den Wünschen der Bevölkerung, ganz zu schweigen von all den anderen Gründen die zu dieser vielteiligen, globalen und existentiellen Krise geführt haben, doch das Ende dieser Orte soll keiner dieser Anlässe zur Verzweiflung sein.

 

Die Existenz solcher Freiräume selbst bietet Anlass zur Hoffnung, dass eine sozial- und ökologisch gerechtere Gesellschaft funktionieren kann und das auch schon tut – die vielen selbstverwalteten und gemeinwohlorientierten Vereine, das Ehrenamt, ethische Banken und die genossenschaftlich organisierten Unternehmen und Wohnprojekte sind Beweis dafür.

Eine groteske Situation, wenn man bedenkt, dass das gelegentliche Scheitern solcher Projekte in der Regel von gerade der mangelnden Konfliktfähigkeit der Politik verursacht wird, die derartige Zusammenschlüsse kritisieren und auszugleichen versuchen. Die Liste der, an Bürokratie und Ignoranz der Stadt, gescheiterten Bürger:inneninitiativen ist sehr lang, alleine in Köln. Ein guter Grund, um auf die Straße  zu gehen.

Es ist ein Kräftemessen zwischen Konservatismus und Innovation, zwischen Konzernen und Menschen, zwischen Kapitalismus und Humanismus.

 

Und wir alle mittendrin. Wilde Zeiten.
Teile deine Geschichte über wilde Zeiten mit uns –

 

Betreff: Wilde Zeiten

Kontakt: kontakt@minhagalera.de

 

– vielleicht entsteht daraus was Wildes.